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Online-Second Hand-Ankaufstest

07.11.2023

Nachdem ich bereits über meine Erfahrungen mit dem Einkauf bei der Online-Second Hand-Konkurrenz berichtet habe, war ich sehr gespannt auf den Online-Verkauf. Verkauft habe ich ausschließlich Stücke aus meinem rechtmäßigen Besitz, keine aktive Kommissionsware. Geduld ist auf jeden Fall nötig, die ersten Verkäufe habe ich vor mittlerweile fast 1 Jahr (!) eingeschickt. Und es war wirklich heftig: Von raschem Geld bis Ernüchterung ist im Internet alles dabei!

Buddy and Selly hat ein sehr ausgewähltes Markenregister und die strengsten Kriterien für den Ankauf. Die Verkaufspreise auf Vite EnVogue erscheinen dementsprechend luxuriös: ein vergleichbares Armani Exchange T-Shirt für Herren um 25 €, ein ähnliches Wolford Damen Longsleeve um 60 €. 5 Oberteile habe ich eingeschickt. Dafür gibt es ein Formular, der Versand mit DHL ist gratis. Dann begann das gespannte Warten: Laut Sendungsverfolgung wurde mein Paket am 02.01.2023 zugestellt - danach habe ich leider nichts mehr davon gehört. Nicht mal eine Eingangsbestätigung. Sowohl auf meine e-mail als auch meinen Kommentar auf Trustpilot habe ich nur eine Standard-Antwort bekommen. Auf Vite EnVogue ist keines der Teile je zum Verkauf angeboten worden. Nach der Aufforderung zur Rücksendung der Artikel am 16.10.2023 wurde plötzlich umgehend und völlig unerwartet der Verlust des Pakets eingestanden. Das sehr kulante Angebot über 125 € Entschädigung habe ich angenommen, und innerhalb von 2 Tagen war der Betrag am Konto. So kulant, dass schon fast der Verdacht der Bewertungs-Erpressung naheliegt. Schade um die „verschollenen“ 5 Teile, ich hätte sie lieber im Verkauf gesehen. Aber: hartnäckig dranbleiben hat sich gelohnt! Bewertung: trotz „Happy End“ maximal 1 Stern.

Momox hat ein deutlich breiteres Markenregister, aber fast identische detaillierte Ankaufsbedingungen. Auch hier darf die Kleidung nicht älter als 5 Jahre sein - irgendwie gegen das Grundprinzip von Second Hand oder?! Es hat einige Zeit gedauert bis ich eine Kombi aus Kleidungsstück und Marke gefunden habe die überhaupt angenommen wird! Damen-Bluse von Abercrombie & Fitch "Es tut uns leid", Jungen-Hemd von Jacadi "Leider kaufen wir den Artikel derzeit nicht an". Aber jedenfalls weiß man gleich Bescheid, der Ankaufspreis ist direkt über die App ersichtlich. Dieser wird nach einem Algorithmus tagesaktuell berechnet, scheint also doch ein bisschen ein Glücksspiel zu sein. Herren-Anzug von Jake*s 4,92 € - wie bitte? Herren-Pulli von Selected 0,43 € - das kann ja nur ein schlechter Scherz sein! Wenn ich das mit meinen Auszahlungsbeträgen vergleiche! Zudem wird nur nach Marke und Kleidungskategorie unterschieden, nicht aber nach dem Material und Zustand; und jedes kurze oder lange Kleid, Dirndl, Cocktailkleid usw. wird unter „Kleid“ zum gleichen Preis angekauft. Da hilft auch der 10 % Bonus für die Anmeldung nicht viel, bzw. gibt es nochmals 30 % dazu wenn der Betrag als Momox-Gutschein statt direkt ausbezahlt werden soll. Einige akzeptable Ankaufspreise habe ich dennoch gefunden. Zum DPD Pickup und ab geht’s. Eine Woche später kam die Info dass das Paket angekommen war, nur 2 Tage danach die Bestätigung dass alle Artikel bis auf einen akzeptiert wurden! OK das kann ich verschmerzen. Dieser Artikel soll gespendet werden, für ein Stück die Rücksendung zu bezahlen lohnt sich nicht. Somit wandern 78,28 € auf mein Konto! So genau können sie es mit nicht älter als 5 Jahre und auch mit der Kategorie doch wieder nicht nehmen, ein Teil wurde unter einer anderen Kategorie eingestellt als von mir angegeben…

Damit könnte es für mich als Verkäuferin auch schon erledigt sein, aber ich möchte meine Teile verfolgen - um welchen Preis sie eingestellt und um welchen Preis sie tatsächlich verkauft werden. Alle Teile wurden mit Zustand „Sehr gut“ bewertet. Und recht flott eingestellt, manche Teile schon nach wenigen Tagen, zu ziemlich hohen Startpreisen. Das Hemd von Fjällräven wurde um 46,90 € verkauft!? Immerhin mit 8,34 € der höchste Ankaufspreis aber das nenn ich mal eine satte Gewinnspanne! Bei mir hätte das Stück übrigens nur 10 € gekostet. OK bei Sofortankauf trägt Momox das komplette Risiko nicht verkaufter oder zu geringerem Preis verkaufter Ware. Die meisten Teile wurden schon nach 2 Tagen reduziert, die meisten immer jeweils nur um 1 €. 186,40 € minus 78,28 € = 108 € Gewinn für Momox. Wenn es stimmt dass die Teile tatsächlich alle verkauft wurden und nicht bloß irgendwann nach Monaten offline genommen. Das eine abgelehnte Kleid ist nicht im Verkauf aufgetaucht; insgesamt also rasch, transparent und seriös. Bewertung: je nach Zufriedenheit mit dem Ankaufspreis 4-5 Sterne.

Mädchenflohmarkt bietet neben der Option selbst zu verkaufen auch einen Concierge-Service. Auch hier gibt es vorab einen „Wie groß ist mein Anteil?“-Check um zu prüfen ob sich dieser Verkauf überhaupt lohnt.  Genommen wird – wie der Name nahelegt – ausschließlich Damenbekleidung. Der ungefähre Verkaufspreis muss bei der Nutzung des Concierge-Service mindestens 15 € betragen. Achtung, Mädchenflohmarkt kauft nicht an, sondern arbeitet auf Kommission! Wobei die Mindestprovision 13,90 € beträgt. Der Aufwand in der Vorbereitung ist geringer, man benötigt nur das Versand-Etikett und legt eventuell eine Liste mit dem gewünschten Verkaufspreis bei. Ich habe je 1 Paket Schuhe und Cocktailkleider bzw. Dirndl abgeschickt. Laut Impressum ist der Unternehmenssitz in Deutschland, aber das Paket ging nach Rzeszów in Polen. Den Status der Sendung sowie den späteren Verkaufsverlauf konnte ich online mitverfolgen, was hilfreich ist da hier mein Erlös vom Verkaufspreis abhängig ist. Bevor die Artikel veröffentlicht wurden, hatte ich die Möglichkeit die Preise anzupassen oder direkt zu bestätigen, und danach das gesamte Paket zu veröffentlichen. Wie war das, nur Artikel mit mindestens 15 €? Ein Paar Schuhe hatte einen vorgeschlagenen Startpreis von nur 14,90 €... na gut, ich lasse den Concierge mal machen. Auch was die automatische Reduktion betrifft. Nach ca. 1-2 Wochen waren beide Pakete veröffentlicht, und meine Produkte erhielten die ersten Likes.

2 Wochen später war das erste Teil verkauft. Um 14,63 €. Minus der Mindestprovision von 13,90 € macht unglaubliche 0,73 € Erlös. Huch, da wäre wegschmeißen wirklich billiger gewesen. Hatte „Wie groß ist mein Anteil?“ nicht ein bisschen mehr versprochen? Klar, wenn das Teil um 20,90 € weggegangen wäre wie eingestellt hätte ich ca. 6 € erhalten. Selbst wenn alle 14 gesendeten Artikel um jeweils 15 € verkauft werden würden, gäbe das in Summe gerade einmal 15,40 € Erlös für mich. Uff, das ist schon recht dürftig, ganz ehrlich! Dazu lese ich seit Jänner 2023 nur mehr 1 Stern-Bewertungen die von nicht erfolgten Auszahlungen schreiben, von vermuteter Insolvenz und anhängigen Anzeigen. Bin also gespannt ob ich überhaupt einen Cent sehen werde! Einige Stücke stehen schon bei unter 13,90 € und würden mir daher bei einem Verkauf gar nichts einbringen. Die würde ich gerne rausnehmen, geht aber nicht. Ich kann nur Fotos einstellen und den Preis ändern, sowie mit Interessentinnen kommunizieren. Am 20.09.2023 habe ich die Auszahlung von heißen 8,73 € beantragt und den Betrag nach 3 Wochen erhalten. Offenbar funktioniert die Auszahlung nun nach einer Neuübernahme des Unternehmens wieder. Bewertung: für diese geringen Auszahlungsbeträge gibt es maximal 1 Stern. 

Da Sellpy die geringsten Verkaufspreise aller Online-Second Hand-Anbieter und Ware aller Marken hat, wollte ich hier einfach nur all meine übrigen Ladenhüter loswerden. Denkste! Der gleiche Algorithmus-Schmäh, alles was über 5 € bewertet wird, kann eingeschickt werden. Es gibt also keine Info über den voraussichtlichen Preis, nur ein vermutlich ja oder nein. Auch hier, je unbekannter und seltener die Kombi aus Marke und Artikel ist, desto eher erhält man ein ja. Das leuchtet ein, weil an die 0815-Ware kommt Sellpy ja sowieso jederzeit... Die Rückmeldung „Werden wir voraussichtlich nicht zum Verkauf anbieten - unabhängig vom Zustand“ erhalte ich mehrmals. Dennoch habe ich zu Testzwecken auch einige solche Stücke sowie dezidierte Spendenware mitgegeben. Die erste Tasche konnte ich gratis bestellen, sie wurde mir per Post zugeschickt. Mein Tipp: Bei jedem Kauf bei Sellpy ist die blaue Tasche dazu gratis! Der Verkauf würde in 9 Wochen starten, daher wurde mir geraten Gewand für Frühling / Sommer auszuwählen. Die blaue Tasche darf max. 15 kg wiegen, ob ein Plastiksackerl wirklich so viel aushält? Das Fassungsvermögen ist jedenfalls gegeben, es haben 17 Artikel Bekleidung und Schuhe hineingepasst. Davon wurden 4 Teile mit Begründung abgelehnt, von denen einer ohne meine Reklamation dann doch im Verkauf gelandet ist. Transparent und kundenfreundlich wird aufgelistet, in welchen Stufen der Preis reduziert wird und wieviel mir dann noch davon bleibt. Sogar ein voraussichtlicher Verkaufspreis wird genannt. Für den Bikini um 14,00 € bekomme ich 4,60 €. Das ist zwar immer noch eine gewaltige Marge, aber dennoch akzeptabel - verglichen mit Mädchenflohmarkt wo ich bei dem Verkaufspreis gar nichts erhalten hätte! Das Guthaben kann jederzeit flexibel bis zur maximalen Höhe abgeschöpft werden. Minus 1 € für einen gespendeten Artikel? Naja... Ich habe die Auszahlung von in Summe exakt 28 € am 20.09.2023 beantragt, nachdem der Verkauf beendet war. Auf das Geld musste ich leider eineinhalb Monate warten - bei versprochenen wenigen Werktagen, da die dafür nötige e-mail zur Bestätigung nicht angekommen ist... nach der Änderung der e-mail-Adresse, verbunden mit einer nochmaligen Wartezeit von 2 Wochen, habe ich schlussendlich am 07.11.2023 mein Geld aufs Konto überwiesen bekommen (für einen Sack den ich am 03.03.2023 abgeschickt habe). Unbegrenzt steuerfrei scheint dieses Nebeneinkommen nicht zu sein, laut einer "Meldepflicht innerhalb der EU für digitale Plattformen (DAC7)" muss man ab 30 verkauften Artikeln oder 2000 € ein Formular für die lokale Steuerbehörde ausfüllen. Bewertung: 2-3 Sterne.

Fazit: Freud und Leid des Second Hand-Verkaufens waren mir - als Privatperson - auch bis dato nicht fremd, aber nach diesem Test kann ich sie noch besser nachvollziehen! Für mich - als Geschäftsinhaberin - war auch interessant, meine Annahmekriterien, Auszahlungsbeträge und Kommissionszeit in Relation zur Online-Konkurrenz einzuordnen. Das Werbeversprechen „Miste deinen Kleiderschrank aus und verdiene damit quasi wie von selbst Geld“ lässt sich auch im Internet nur bedingt halten. Den bestmöglichen Verkaufsservice für die eigene Ware zu finden ist mühsam und durchaus zeitaufwändig. Es gibt mehrere Verkaufsplattformen mit sehr unterschiedlichen Annahmekriterien und Systemen (Ankauf vs. Kommission). Die tatsächlichen Erlöse lassen sich so vorab gar nicht vergleichen. Für die Mehrzahl der Privatpersonen kommen dabei vermutlich ähnlich bescheidene Geldbeträge heraus wie in meinem Test! Wer hat schon zahlreiche hochpreisige Designer-Stücke in neuwertigem Zustand daheim herumliegen? Für solche Stücke scheint Momox am ehesten geeignet. Kleidungsstücke von gängigen Marken werden aufgrund der immensen Mengen an verfügbarer Ware gar nicht oder nur zu einem sehr geringen Preis angenommen. Einfach mal alles in einen Sack packen und schauen was draus wird geht am besten bei Sellpy. Das Paket zur Post bringen bleibt einem in jedem Fall nicht erspart. Die Wartezeit aufs Geld kann bei Kommissionssystemen mitunter monatelang sein, und die Überweisung erfolgt nur nach Anweisung - da hat man vielleicht schon längst wieder darauf vergessen, es gibt e-mail-technische Probleme oder die Plattform ist sogar (vorübergehend) insolvent. Wer sowohl kaufen als auch verkaufen will, kann alternativ zur Auszahlung auch ein bis zu 30 % höheres Guthaben erhalten - ein Anreiz zur Bindung an eine Plattform. Auf jeden Fall sollte man immer die aktuellen Bewertungen auf Trustpilot lesen.

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